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Mr. Nice alias Howard Marks. (Pressefoto: Koch Media) |
Dargestellt wird Marks über einen Zeitraum von fast vier Jahrzehnten ausschließlich von Rhys Ifans, ebenfalls Waliser und dereinst Leadsänger der Super Furry Animals. Das wirkt ein wenig, als spiele der ehemalige Schmuggler sich selbst – quasi vom ersten Schultag bis zur Rente – und es entbehrt nicht einer gewissen Absurdität, wenn der Mittvierziger im Schulbus fährt oder als angeblich Anfang Zwanzigjähriger reichlich naiv und ziemlich bekifft über den Rasen Oxfords tapert.
Um unter anderem das England der Siebzigerjahre zu zeigen, bedient der Film sich altem Material, in das er seine Hauptdarsteller hineinprojiziert. Wozu in etlichen Kritiken zum Film gemunkelt wird, der Produktion sei schlicht das Geld ausgegangen, erklären Marks und Ifans in einem Interview damit, Rose setze die sogenannte Rückprojektion als besonderes Mittel der Authentizität ein, da er es hasse, in anderen Filmen Einblendungen zu sehen, die auf das Jahr verweisen, in dem die Handlung gerade spielt. Ifans: „I haven’t seen it before in a movie but you really get a sense of time and place (…). You do feel that the world is changing.“ Auf den heutigen Zuschauer allerdings, der diese Technik aus Uralt-Filmen gewohnt ist, in denen die Landschaft hinter einem Auto vorbei rast, wirkt diese Optik weniger authentisch als belustigend.
So schafft der Film durch die Wahl seiner Stilmittel eine Distanz, die sich in der Art und Weise seiner Erzählung eher noch intensiviert, als dass sie aufgehoben würde. Zwar spielen die Darsteller ihre Rollen mit Intensität und Witz, doch Rose gibt seine Figuren zu sehr ans Szenische verloren, als dass er sich darum bemühen würde, ihre Entwicklung aufzuzeigen. So wird kein Motiv erkennbar, warum Marks überhaupt zum Dealer wird, erfährt der Zuschauer wenige der originellen Details über seine Schmuggeleien und bleibt unklar, warum seine Frau lange nahezu kritiklos bereit ist, diese Art von Leben mit ihm zu teilen. Keine Frage, bei 700 Seiten Vorlage muss ein Film Schwerpunkte setzen, Marks ist vielleicht schlicht zum Dealer geworden, weil die Gelegenheit sich ergab und seine Frau bei ihm geblieben, weil sie ihn eben liebte – trotzdem wäre es schön, darüber auch ein bisschen etwas erzählt zu bekommen.
Verschenkte Lebenszeit freilich sind die 121 Filmminuten nicht, denn auch wenn der Film dem, was bereits über Marks bekannt ist, wenig Neues hinzuzufügen weiß, ist er doch zumindest unterhaltsam. Der Soundtrack passt, die Bilder stimmen, das Tempo ist über weite Strecken hoch, Ifans und seine Filmfrau Chloë Sevigny sind ein schön anzusehendes Pärchen und vor allem dank David Thewlis, der den IRA-Mann Jim McCann spielt, gibt es ab und zu auch etwas zu lachen.
Mr. Nice
Buch, Regie, Kamera: Bernard Rose
Darsteller: Rhys Ifans, Chloë Sevigny, David Thewlis
Großbritannien 2010, 121 Minuten, FSK 12
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