Die Reaktion auf mein
U_mag ist immer gleich: „Was ist das denn?“, fragen Besucher verwundert und nehmen das dünne, weiße Heft mit dem wundervollen Innenleben neugierig in die Hand. „Habe ich ja noch nie gesehen!“ Und das ist verwunderlich, würde ich doch vermuten, dass wir, Mitte Zwanzig bis Anfang Dreißig, uns mitten in der Zielgruppe befinden. „Machen die keine Werbung“, lautet meist die nächste Frage, hinter dem Magazin hervor gestellt, beim ersten Schmökern. Schließlich: „Is’ ja richtig gut. Wo hast’n das her?“ Und das ging so: Einmal, auf dem Weg zum
Melt, an einer Tankstelle – passt. Seither also im Abo, komplettiert es meinen monatlichen Lesedreiklang mit
Journalist und
11 Freunde.
Alle Drei haben zuletzt einen Relaunch hingelegt, U_mag erwies sich dabei als besonders mutig und fasste das Heiligste an – seinen Namen. Der neue Titel lautet
uMag und dieser Mut hat sich gelohnt, geht so doch der altbackene Unterstrich verloren. Auf den ersten Blick weckt das relaunchte Heft ohnehin nichts als Vorfreude, mit nun 27 cm x 20 cm ist es etwas kleiner geworden, das Cover dafür stabiler und sehr ansprechend in seinem leuchtenden Rot.
Auch die ersten Inneneinsichten überzeugen – mit Foto, Name und Jobbezeichnung stellen sich die Macher des uMag zu Beginn des Heftes vor und beim Papier wird fürderhin auf Hochglanz verzichtet: Das neue liegt nicht nur angenehmer in der Hand, es riecht auch besser (im Ernst!) – weniger nach Friseurlektüre, mehr nach frischem Druck.
Eingeteilt ist das Heft künftig in die vier Rubriken „uniq“, „music“, „arts“ und „go ahead!“, zu denen die Macher selbst folgendes verlautbaren:
• "Uniq" - Trends aus Mode, Design, Technik und
Wohnen und wie man daraus für sich etwas Einzigartiges macht
• "Music" - hier wird nicht über etwas, sondern direkt gesprochen -
mit Musikern, Machern und miteinander
• "Arts" - junge Künstler aus Literatur, Theater, Film, Kunst und Fotografie
• "Go ahead" - Gesellschaftliche und politische Themen
werden im Dialog mit Fachleuten ausgearbeitet
Die sogenannten Kosmen an sich, also die Themenschwerpunkte, sind nahe am alten Heft – dabei etwas aufgefrischt und inhaltlich eingängig, die Namen aber zu verkrampft am Titel ausgerichtet. Und die inhaltliche Einordnung ist leider nicht immer eindeutig, so dass die Gefahr besteht, sich im Heft zu verlieren. Die dominierende Farbe sowohl im Inhaltsverzeichnis als auch den Rubriken ist rot, was die Frage aufwirft, ob sich diese immer an der Coverfarbe orientieren wird? Ein permanenter Wechsel der Hauptfarben könnte sich als zu unruhig erweisen.
Die gewohnten U_mag Kolumnen von
Saša Stanišić und und Volker Sievert finden sich auch im uMag wieder (zum Glück!), allerdings im hinteren Heftteil. Eröffnen darf auf Seite 6
Falk Schreiber mit dem „Glücksfall Leben“ – ob der Autor sich dafür als Glücksfall erweisen wird, bleibt indes abzuwarten, nach seiner erste Kolumne melden sich Zweifel an.
Inhaltlich haben die Heft-Macher nichts verlernt, der Themenmix im uMag ist ansprechend wie eh und je, eine gute Mischung aus Fragestellungen, Personen und Motiven, zu denen man längst etwas lesen wollte und solchen, die einem neu sind. Allerdings drängt sich beim Lesen der Eindruck auf, als habe wirklich jedes denkbare Thema seinen Platz im uMag Kosmos finden müssen – und das sollte nicht sein, denn einiges wird so in denkbarer Kürze abgehandelt, was keinen inhaltlichen Gewinn bringt, das Heft aber optisch sehr zerfleddert, kleinteilig macht.
Schwierig sind auch die Farben – auf dem sehr natürlichen Hintergrund wird mit roter Schrift und grün-gräulichen Trennern und Grafiken gearbeitet, was das Lesen anstrengend und teils sogar richtig unangenehm macht. Dazu kommt, dass sich wiederkehrende Elemente wie der „CheckBrief“ in viel zu kleiner Schrift präsentieren – geschieht das dann noch auf einem gestalteten Hintergrund, wie beim Interview mit
Nina Nägel (Seite 20, 21), ist die Leselust schnell dahin. Schwierig auch die Seitenzahlen, die sich unregelmäßig und klitzeklein an den oberen Heftrand quetschen und kaum Orientierung bieten.
Bei längeren Geschichten und Interviews gönnt das Magazin sich viele freie Flächen und ansprechende Gestaltungselemente, wie hervorgehobene Zitate. Auf gemischten Seiten hingegen herrscht grobe Unübersichtlichkeit, zu viele kleine Text- und Bildelemente, die noch dazu nicht immer klar voneinander abgegrenzt sind, wirken ermüdend und nehmen sich gegenseitig die Wirkung. Zeitgemäß und nützlich sind die vielen Verweise auf Homepages von Künstlern und weiterführende Elemente auf der uMag-Seite selbst, aus dem guten Service wird hingegen ein Ärgernis, wenn eine Geschichte im Blatt gar nicht gespielt wird, sondern zum reinen Internetteaser verkommt – wie das Foto des
Sterne-Sängers Frank Spilker auf Seite 34.
Eingetauscht wurden die kurzen, übersichtlichen CD-Kritiken gegen Statements von drei Redakteuren und einem Gasthörer zu verschiedenen Platten – das kann man mögen, muss man aber nicht. Zusammengenommen mit weiteren neuen Kolumnen gewinnen so aber die Meinungsbeiträge doch etwas massiv an Gewicht – zumal, da sich im alten U_mag wie auch dem neuen uMag sehr viele Interviewbeiträge finden: eine sehr positive Note, die aber in Kombination mit den vielen Privatmeinungen verwässert… Überarbeitet wurde das Themenfeld Literatur, auch hier sind dabei leider die Rezensionen verlorengegangen. Kino findet im uMag bedauerlicherweise so gut wie überhaupt nicht mehr statt.
Nichts als Lob gibt es für die Titelgeschichte mit den
Blood Red Shoes, auch die dazugehörige Fotostrecke überzeugt. Überhaupt, Fotos: Gewohnt viel Platz wird denen auf den Seiten 62 bis 67 eingeräumt, wenn es um die Ausstellung „Househunting/Nudes“ des US-Amerikaners
Todd Hido (bis zum 10. April I
Kaune, Sudendorf I Köln) geht. Insgesamt hätte man sich für die Bilder im Heft aber durchaus ein bisschen mehr Farbe gönnen dürfen, es fehlt ein Ausrufezeichen hier und da, ein echter Hingucker.
Unterm Strich kann das neue Heft trotz einiger starker Einstiegsargumente (Format, Cover, Papier, persönliche Herangehensweise) und gewohnt guter Themensetzung mit der neuen Optik leider nicht überzeugen. Bleibt abzuwarten, wie diese sich in den kommenden Ausgaben weiterentwickelt. Das nächste uMag gibt es ab Donnerstag, 25. März.
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