„I’m driving home for
Christmas
Oh, I can’t wait to see
those faces
I’m driving home for
Christmas, yeah
Well, I’m moving down
that line.“
[Chris Rea]
Man soll den Mund ja bekanntermaßen nicht zu voll nehmen.
Selbst dann nicht, wenn man am Tag des Zweitrunden-Pokalspiels gegen Köln bei
Freunden zu Besuch ist: in Köln. Wo natürlich der eigene Weg ab und an den
eines FC-Fans kreuzt – und die sind gut zu erkennen, sei es am umgeschlungenen
Schal, am übergezogenen Trikot oder am lauthalsen Telefonat, in dem die mobile
Kristallkugel für den Abend eine haushohe Mainzer Pleite voraussagt. „Könnt ihr
vergessen!“, rufe ich dem Telefonierenden im Vorbeigehen gut gelaunt zu. Wann
hat Köln denn bitte in Mainz zuletzt
etwas geholt? Eben...
„Driving in my car
I’m driving home for
Christmas
With a thousand
memories.“
Für den Heimweg habe ich großzügig geplant, man weiß ja, wie
es zwischen Köln und Mainz so laufen kann auf der Autobahn. Die Zeit bis zum
eigenen Spiel in ein paar Stunden lasse ich mir bald von der Berichterstattung
über die Pokalbegegnungen überbrücken, die bereits früher angepfiffen worden
sind. Zwei Mal trifft Jovanovic im Gütersloher Heidewaldstadion für den SV
Sandhausen – für dieselbe Anzahl Tore hat er in Mainz 39 Spiele gebraucht.
„It’s gonna take some time but I’ll get there
Top to toe in tailbacks
Oh, I got red lights all around
But soon there’ll be a freeway, yeah
Get my feet on holy ground.“
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Taking the long way home. (Foto: Simone Hainz/pixelio.de) |
Der Straßenbahnmeisterei im Großraum Köln hat offenbar
niemand Bescheid gegeben, dass ein paar Tausend der Einwohner an diesem Abend
gen Mainz pilgern werden; es ist ja nicht so, dass ich die Strecke alleine
antrete, um mich herum wimmelt es nur so von mit Geißbock beflaggten
Fahrzeugen... Und ich habe jede Menge Gelegenheit, um mir die auch in Ruhe zu
betrachten – aufgrund einer Nachtbaustelle (die offenbar pünktlich zur
9-to-5-Feierabendzeit aufgerissen wurde) stehe ich plötzlich in einem zehn
Kilometer langen Stau. Was, so viel ist schnell klar, ziemlich sicher
verhindern wird, dass meine Füße bei Anpfiff auf dem heiligen Boden der Arena
auf und ab hüpfen werden...
„So I sing for you
Though you can’t hear
me
When I get through
And feel you near me.“
Zum Anpfiff nuschle ich mich inmitten der bunten Lichter auf
der Autobahn durch „You’ll never walk alone“ und zupfe dabei mit verdrehtem Arm
an dem kleinen 05-Schal, der hinter mir am Fenster hängt. Zehn Kilometer können
verdammt lang sein...
„I take a look at the
driver next to me
He’s just the same.“
...und die Unruhe steigt inzwischen minütlich. Regelmäßig
klettern Leute aus den Autos rund um mich herum, um mit verrenkten Hälsen das
Ende des Staus auszumachen. Irgendwann löst der sich tatsächlich auf (ohne dass
ich je eine Baustelle gesehen hätte). Mit durchgedrücktem Gaspedal geht’s so
nahe ran ans Stadion wie irgend möglich, inzwischen haben Sandhausen, Augsburg
und Wolfsburg ihre Spiele gewonnen, der BVB muss in die Verlängerung. Quasi mit
dem Halbzeitpfiff erreiche ich das Stadion, Toilette, Bier, S-Block,
allgemeines „Hallo“ und die tröstlichen Worte: „Du hast nichts verpasst.“
Dieses Spiel gewinnen wir offenbar in der zweiten Halbzeit, soll mir recht
sein, denn ab jetzt bin ich live dabei.
„I’m driving home for
Christmas
Oh, I can’t wait to see
those faces
I’m driving home for
Christmas, yeah
Well, I’m moving down
that line.“
45 Spielminuten und viele stirnrunzelnde, von Bier
unterlegte Gespräche später steht fest, die Stunden im Stau waren nicht
unbedingt der schlechtere Teil des Abends.
[Zuerst erschienen in der Adventsausgabe von Die TORToUR.]
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